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Ein neuer Himmel und eine neue Erde

In seiner Predigt am 5. Ostersonntag geht Pfarrer Eschenbacher im Besonderen auf die Lesung des Sonntags ein. Dort wird in der Offenbarung des Johannes von einem "neuen Himmel und einer neuen Erde" (Offb 21,1-5) gesprochen. Eine Zukunfts-Vision auch für die Stadtkirche Schweinfurt.

Liebe Schwestern und Brüder!

„Das wäre zu schön um wahr zu sein“, was uns da in der heutigen Lesung verheißen ist: „Ein neuer Himmel und eine neue Erde“ und Gott sagt: „Seht, ich mache alles neu!“ Das wäre die Lösung für viele unserer Probleme: Einfach auf den „Reset-Knopf“ drücken und alles geht noch einmal von vorne los.

  • Die verfeindeten Völker, die sich bekriegen… Knopfdruck, und sie könnten unbedarft und vorurteilsfrei gemeinsam von vorne beginnen.
  • Die Erde, die wir jetzt schon fast zerstört haben… Knopfdruck, und schon ist wieder alles sauber und alle Ressourcen sind vorhanden.
  • Ich habe einen großen Fehler begangen… Knopfdruck, und sofort wäre mein Fehler rückgängig gemacht.

Es ist das letzte Buch der Bibel, das uns diese große Verheißung schenkt. Am Ende der Bibel, nach all dem, was dort an Auf und Ab, an Gutem und Bösem geschildert ist, steht diese Vision: Ein neuer Himmel und eine neue Erde… alles wird neu. Ist das nicht, gelinde gesagt, sehr weit hergeholt? Ist das nicht, mit Verlaub eine Phantasterei, ein Hirngespinst, völlig realitätsfremd? Wie lange sollen wir denn noch warten, bis dieser Gott sich bequemt, endlich mal dazwischenzufunken und alles richtigzustellen, was bisher falsch gelaufen ist?

Angesichts des Textes sind solche, vielleicht auch provozierenden Fragen, durchaus berechtigt. Und sie kommen einem sogar zunächst als erstes in den Sinn. Aber sie gehen an der Bibelstelle vorbei. Es geht hier um eine große Vision, ja. Es geht um die Vision Gottes für diese Welt, die hier geschildert wird. Und Visionen brauchen wir; sie machen den großen Rahmen auf und verlieren sich nicht im Klein-Klein. Aber es geht eben nicht darum, dass wir unsere Hände in den Schoß legen und sagen: Lieber Gott, dann mach mal! Rück all das gerade, was wir verbockt haben. Das ist nicht die Vision Gottes, die hier gemeint ist.

Der Schlüsselsatz des ganzen Textes, der uns seine wirkliche Bedeutung erschließt, lautet: „ER wird in ihrer Mitte wohnen“ – gemeint ist Gott. „Gott wird in ihrer Mitte wohnen.“ Die letzte große Vision der Bibel ist keine Zukunftsmusik, keine Fantasterei und keine Utopie. Sie kann nämlich schon heute Wirklichkeit werden und sein. Und zwar dann, wenn wir Gott in die Mitte unseres Denkens und Lebens rücken und nicht unsere Eigeninteressen, unsere Macht, unsere Neigungen usw. Wenn wir Gott in den Mittelpunkt unseres Denkens und Handelns rücken, dann gibt es einen neuen Himmel und eine neue Erde. Dann sind nämlich ganz andere Maßstäbe plötzlich wichtig und richtig: Nächstenliebe, Respekt, Barmherzigkeit, Achtsamkeit gegenüber dem Leben und der Schöpfung usw., also all das, was Gott ausmacht. Die Vision eines neuen Himmels und einer neuen Erde ist nicht eine Sache des Abwartens, auch nicht des bloßen Herbeibetens, sondern es ist eine Sache der Einstellung und des „Umdenkens“. Wenn wir wirklich Gott in den Mittelpunkt rücken, Gott dienen, dann gibt es einen neuen Himmel und eine neue Erde.

Nicht dass ich falsch verstanden werde. Es geht mir nicht um die Errichtung eines christlichen Gottesstaates. Wer einen Gottesstaat errichten will, egal in welcher Religion, der instrumentalisiert Gott für seine eigenen Macht-Interessen. Und selbst unsere christliche Kirchengeschichte zeigt ja, dass wir Menschen im Namen Gottes auf einem völligen Holzweg, ja Irrweg sein können, wenn wir zum Beispiel an die Hexenverfolgungen oder die Kreuzzüge denken. Deshalb ist es wichtig, den Gott, der in unser Zentrum rücken soll, an Jesus auszurichten. Und der Gott Jesu ist immer der Gott der Barmherzigkeit, der Ohnmacht und der Liebe; das sagt Jesus ganz deutlich im heutigen Evangelium. Deshalb geht es darum, dass wir diesem Gott und seinem Geist – der übrigens schon längst da ist - in dieser Welt Raum geben und den Gott der Liebe als Maßstab und Richtschnur anerkennen.

Ein positives Beispiel dafür ist für mich Madeleine Delbrel. Sie war Anfang des 20. Jh. als christliche Sozialarbeiterin in der Arbeiterstadt (!) Ivry (Frankreich) tätig, in der das Christentum kaum noch eine Rolle spielte. Sie hat eine kleine „klösterliche“ Gemeinschaft gegründet mit dem Ziel, für die Arbeiter da zu sein, die damals unter schlechten Bedingungen ihr Leben fristen mussten. Das Liebesgebot aus dem heutigen Evangelium war für sie und ihre Gefährtinnen dabei richtungsweisend. Es ging darum, mitten unter den Menschen, besonders den Arbeitern, bestärkend „Da-Zu-Sein“. Die Aufgabe von Pastoral definierte sie einmal mit „Gott einen Ort sichern“, ein anderes Wort für „ER wird in ihrer Mitte wohnen“. Das ist übrigens für mich ein Bild bzw. Vorbild für Stadtkirche Schweinfurt der Zukunft. Kleine Gemeinden, Gemeinschaften, verschiedenste Orte, die sich immer wieder darüber vergewissern und deutlich machen, dass Gott in ihrer Mitte wohnt, und die dies dann nach außen strahlen. So können wir „Salz für die Erde“ und „Licht für die Welt“ sein.

Dabei geht es nicht so sehr um Zahlen, sondern es geht um Selbstvergewisserung, um spirituelle Tiefe und um Ausstrahlung. Wenn wir diesen Weg gehen, bin ich überzeugt, kann tatsächlich „alles“ oder zumindest vieles neu werden – selbst die Kirche.