Mbinga (POW) Mit einem lauten „Karibu!“ – „Willkommen!“ begrüßen die Kinder den Besuch aus Deutschland. Dann stimmen sie „If you’re happy and you know it clap your hands“ an und klatschen zum Takt einer Trommel in die Hände. Doch bei den Kindern vom Internat Saint Albin der Diözese Mbinga ist manches anders als in der benachbarten diözesanen Saint Wilhelm Grundschule. Trotz der Hitze tragen die Jungen und Mädchen lange Hosen, die Ärmel der Jacken und Kleider reichen mindestens über den Ellenbogen. Alle tragen Sonnenbrillen und haben Sonnenhüte auf. Der Schutz vor der Sonne ist für sie überlebenswichtig: In Saint Albin wohnen ausschließlich Kinder mit Albinismus. Sie kommen aus der ganzen Diözese, manche sogar aus der Erzdiözese Songea oder aus Dar es Salaam. Er kenne keine andere derartige Einrichtung für Albinos hier im Süden Tansanias, erklärt Afrikareferent Burkhard Pechtl von der Diözesanstelle Weltkirche der Diözese Würzburg. Domkapitular Albin Krämer, Leiter der Hauptabteilung Seelsorge, und Diözesanjugendseelsorger Christoph Hippe applaudieren den Kindern und danken auf Englisch für den herzlichen Empfang. Beide waren im Spätherbst erstmals zu Besuch im Partnerbistum Mbinga.
Aus den 35 Jungen und Mädchen im Alter von vier bis 16 Jahren sticht der kleine Isidor heraus. Putzig sieht er aus in Hemd und Hose, die ihm ein bisschen zu groß sind, mit einem großen grünen Hut und einer pinkfarbenen Sonnenbrille auf der Stupsnase. Aufmerksam beobachtet er die anderen Jungen und Mädchen beim Tanzen. Der Junge ist knapp vier Jahre alt. Seine Eltern haben ihn vom rund sieben Stunden entfernten Mafinga nach Mbinga gebracht, erzählt Afrikareferent Pechtl. Seitdem lebt er mit den anderen Kindern im Internat.
„Es sind besondere Kinder“, sagt Father Celestine Kapinga, verantwortlich für die Finanzen der Diözese Mbinga und Spiritual der Einrichtung. Und das bringt sie in Gefahr. Immer noch gebe es in Tansania Aberglauben in Bezug auf Albinos. Körperteile würden beispielsweise für magische Rituale verwendet oder sollen Reichtum bringen. Vor allem Kinder seien gefährdet, weil sie leicht zu kidnappen seien. Der verstorbene Bischof Dr. Emmanuel Mapunda habe das Internat 2009 auf Bitte der Regierung gegründet. „Daheim kann es für sie gefährlich sein. Hier fühlen sie sich zu Hause und beschützt“, sagt Kapinga. Und die Familien könnten jederzeit zu Besuch kommen, beispielsweise wenn die Erstkommunion anstehe. Doch viele Familien haben kein Geld, um die lange Reise nach Mbinga zu machen.
Auch ohne die Bedrohung durch abergläubische Menschen haben es Kinder mit Albinismus in Tansania schwerer als ihre Altersgenossen. „Die Eltern lieben sie wie jedes ihrer Kinder“, sagt Afrikareferent Pechtl. Aber in den Familien fehle das Wissen über und vor allem auch das Geld für den richtigen Sonnenschutz. Oft sterben die Kinder früher als ihre Geschwister. Zudem sind in Tansania die Familien in der Regel größer als in Deutschland. „Die Eltern können oft nicht das Schulgeld für alle zahlen, und investieren es deshalb lieber in die ,gesunden‘ Geschwister.“ Im Internat Saint Albin sollen alle Kinder eine Chance erhalten, unabhängig von der finanziellen Situation der Eltern. „Celestine nimmt alle Kinder auf, und wenn sie in Lumpen ankommen, sammelt er und kauft Kleidung“, sagt Pechtl.
Die Kinder besuchen die diözesane Saint Wilhelm Grundschule, die auf dem gleichen Gelände liegt. Alle bekommen sieben Jahre Unterricht, egal in welchem Alter sie ins Internat kommen, und können danach eine weiterführende Schule besuchen, erklärt Kapinga. Die Integration in den Schulalltag sei wichtig, sagt er, „damit sie sich nicht einsam fühlen und die Kinder voneinander lernen“. Neben Schulwissen lernen sie auch, wie sie sich vor der Sonne schützen können. Neben Hüten und Sonnenbrillen benötigen sie beispielsweise Sonnenschutz sowie Seifen und Cremes, die auf ihre empfindliche Haut abgestimmt sind. „Die Sonne ist für sie sehr gefährlich“, sagt Kapinga. Alles wird von der Diözese und über Spenden finanziert. Brillen etwa seien sehr teuer. Eine Brille könne bis zu 300.000 tansanische Dollar kosten, das entspricht rund 95 Euro. Wenn sie erst einmal erwachsen seien, könnten sie in der Regel ein selbstständiges Leben führen, sagt Kapinga.
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Die Kinder führen die Besucher aus Deutschland auch durch ihre Räume. Die Bettüberwürfe im Schlafraum der Mädchen sind rot mit bunten Streifen, über den Betten hängen hellblaue Moskitonetze. Trotz der fröhlichen Farben ist die Enge spürbar. Zwischen den Betten ist gerade mal genügend Platz, um durchzulaufen. „Da müsst ihr abends aber ganz leise sein“, sagt Domkapitular Krämer, und die Kinder nicken. Im Speisesaal flitzen alle auf ihre Plätze. Was sie denn am liebsten essen, will Krämer wissen. „Meat and rice!“ – „Fleisch und Reis!“, rufen die Kinder. Aber nur am Wochenende, wirft Kapinga ein: „Sonst wird es zu teuer.“ Unter der Woche stehen Ugali (eine Art Maiskloß), Bohnen und Gemüse auf dem Speiseplan. Auf dem Weg nach draußen passiert die Gruppe einen Raum, in dem sorgsam gefaltete Kleidungsstücke auf dem Boden liegen. Als sie wieder draußen sind, erfahren die Gäste, dass es sich nicht um die Waschküche handelt, sondern dass es noch keine Schränke gibt. Das Geld ist knapp und muss mit Bedacht eingesetzt werden.
Seit kurzem muss Kapinga ein neues Problem lösen. Eine Verordnung der Regierung fordert, dass in Internaten die Schlafräume von Mädchen und Jungen deutlich getrennt sein müssen. Im Internat Saint Albin schliefen die Kinder in getrennten Flügeln, aber im gleichen Gebäude. Das geht nun nicht mehr. Die Jungen sind provisorisch in ein altes Klassenzimmer der nahegelegenen Grundschule gezogen, und auf dem Internatsgelände muss ein neues Haus mit Schlafräumen gebaut werden.
Bevor die Gäste weitermüssen, werden noch kleine Geschenke ausgetauscht. „Danke für dieses herzliche Willkommen“, verabschiedet sich Krämer von den Kindern. Der Besuch im Internat habe ihn „sehr berührt“, sagt er sichtlich bewegt.
Wer die Kinder im Internat Saint Albin mit einer Spende unterstützen möchte: Diözese Würzburg Weltkirche, IBAN: DE40 7509 0300 0603 0000 01 bei der LIGA Bank eG. Verwendungszweck: „Projekt“ + „Spenderadresse“.
sti (POW)
(3025/0796; E-Mail voraus)
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