Münsterschwarzach (POW) „Der Bauernstand in unserer entwurzelten Zeit braucht charakterfeste, für das Leben in der Familie und in der Öffentlichkeit vorbereitete Jungbauern und Jungbäuerinnen, die entschlossen und befähigt sind, ihre Aufgabe in Kirche, Familie, Berufsstand, Volk und Staat zu erfüllen. Die Jugend hierfür in ländlicher Art nach den Grundsätzen des christkatholischen Glaubens im reiferen Alter heranzubilden, das ist die Aufgabe der katholischen Landvolkshochschule“, formuliert es die Gründungssatzung aus dem Jahr 1952.
An bäuerlich-rustikales Flair erinnert höchstens noch ein Teil des Namens: 50 Jahre nach ihrer Gründung präsentiert sich die Landvolkshochschule Klaus von Flüe in Münsterschwarzach als Erwachsenenbildungseinrichtung auf der Höhe der Zeit. Das kirchliche Haus sehe aus dem Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils heraus seinen besonderen Auftrag darin, die Menschen für ihren Einsatz in der Welt fit zu machen, sagt Michael Koch, Leiter der Einrichtung. Der Name „Klaus von Flüe“, des Patrons der Katholischen Landvolkbewegung, stehe für Frieden, Gerechtigkeit, Ökumene und gesellschaftliches Engagement.
„Wir wollen Menschen motivieren, für sich und andere Verantwortung zu übernehmen, indem wir ihnen die dazu notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln“, sagt Koch. Den Schwerpunkt im Kursprogramm machen daher auch Angebote der Persönlichkeitsbildung aus. Rhetorik- und Kommunikationskurse helfen den Männern und Frauen, ihre Gedanken in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Mit speziellen Seminaren zur Führung von Personen und Gruppen werden die Verantwortlichen befähigt, den Mitarbeitern in Vereinen und Gremien gerecht zu werden. Ein weiterer Schwerpunkt sind Selbsterfahrung und Persönlichkeitsentfaltung. „Wer sich selbst kennt und versteht, kann mit sich und anderen menschlicher umgehen“, sagt Koch. Auf besondere religiöse Angebote wie Exerzitien oder Ähnliches verzichte man bewusst. „Zur Benediktinerabtei, die ja in unmittelbarer Nähe liegt, können und wollen wir nicht in Konkurrenz treten.“ Nach Kochs Worten ergänzen sich die unterschiedlichen Profile bestens, wie die Erfahrung zeigt.
Das Angebot richte sich durchaus auch an Menschen, die nicht oder nicht mehr kirchlich gebunden sind. „Wir bieten auf diese Weise ein Bild von Kirche als Institution, die Menschen hilft, sich als Persönlichkeit weiter zu entwickeln, ohne sofort missionarische Absichten zu verfolgen. Diesen Auftrag lässt sich die Kirche auch etwas kosten.“ Die Kurse finden größtenteils am Wochenende statt. „Ganz anders als in unseren Anfängen“, betont Michael Koch.
Damals fanden die Münsterschwarzacher Kurse nur im Winterhalbjahr statt, um der landwirtschaftlichen Zielgruppe eine Teilnahme zu ermöglichen. Während die Männer in Münsterschwarzach unterwiesen wurden, waren die Frauen auf Burg Rothenfels untergebracht. Anfangs dauerten die Kurse drei bis fünf Wochen, später erstreckten sie sich über zwei bis drei Monate. „Schon damals waren Rhetorik und Diskussionstechniken elementare Grundbestandteile, ebenso kreative Elemente wie Theater spielen.“ Auf Zertifikate legte damals niemand Wert. „Die Teilnahme war ohnehin anerkannt.“
Über mangelnden Zuspruch macht sich die Erwachsenenbildung in Münsterschwarzach keine Sorgen. „Die Teilnehmerzahlen haben sich in den vergangenen 20 Jahren verdreifacht“, erläutert Koch. Geändert hat sich vor allem die Kursdauer: Dauerte in den 50er Jahren eine Veranstaltung durchschnittlich 40 Tage, so sind heute drei Tage die Regel.
Das eigene Kursangebot ist ein Standbein des Bildungshauses. Unter der Woche steht es als Beleghaus für Veranstaltungen aller Art zur Verfügung. Unter anderem nutzt das Amt für Landwirtschaft Personal und Räume für Persönlichkeitstrainings. Angehende Landwirts-Gesellen durchlaufen im ersten und vierten Semester ein je einwöchiges Programm, das sich auch heute noch am ersten großen Winterkurs orientiert.
Sein 50. Jubiläum begeht das Haus Klaus von Flüe am Samstag, 23. November. Von 9 bis 17 Uhr findet ein Studientag zum Thema „Vom Ehrenamt zum bürgerschaftlichen Engagement“ statt. Referenten sind unter anderem Dr. Ursula Nothelle-Wildfeuer, Professorin für Christliche Gesellschaftslehre und Pastoralsoziologie (Bonn), Dr. Heiner Keupp, Professor für Sozial- und Gemeindepsychologie (München) und Dr. Albert Wohlfarth, Dozent für Christliche Sozialethik und Caritaswissenschaften (Passau). Um 17.30 Uhr hält Weihbischof Helmut Bauer in der Krypta der Abteikirche die Vesper. Es schließt sich der Festakt in der Landvolkshochschule an. Den Festvortrag hält Professorin Dr. Ursula Nothelle-Wildfeuer. Sie spricht zum Thema: „Die Seele für die Demokratie – das Ehrenamt“.
(4802/1512; Telefax voraus)
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