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Die Oma war ein Volltreffer

Langenleiten/Kloster Kreuzberg (POW) Der Raum ist schalldicht, abgeschirmt vor Flug- und Autolärm. Wohlige Wärme verbreitet sich zu den Klängen klassischer Musik: die Werkstatt des Holzbildhauermeisters Günter Metz in Langenleiten. Der 60-jährige Rhöner arbeitet an seiner letzten Figur für die neue Krippe auf dem nahen Kreuzberg. Neben ihm liegt ein Sammelsurium von Schnitzmessern. Nach und nach kommen sie zum Einsatz. Mit jedem Schlag gegen den Lindenholz-Rohling verwandelt sich dieser zum alten Hirten, der mit seinem Jagdhund das Weihnachtswunder von Bethlehem bestaunt.
 
Maria, Josef, Dreikönige, Engel, Hirten und Schafe sowie das Jesuskind stehen bereits im Ausstellungsraum. Sie warten auf ihren Abtransport auf den nur zehn Kilometer entfernten Heiligen Berg der Franken. Es ist eine typische Volkskrippe, die der Künstler innerhalb knapp eines Jahres geschaffen hat. Jede Figur kostet ihn ein bis zwei Wochen Arbeit. In reiner Handarbeit gefertigt und nur sanft mit Farbe überzogen, ist die fast fertige Krippe ein Prachtstück rhönerisch-fränkischer Schnitzkunst. In den Gesichtern spiegelt sich das Leben wider. Ein Beispiel sind die drei Weisen: Metz schuf einen jungen König mit glattem Gesichtszug. Anmutig und neugierig betrachtet der Sterndeuter das Weihnachtsgeschehen. Monarch Nummer zwei verkörpert die mittlere Generation, und der Greisen-König schaut erfahren und weise auf die Heilige Familie.
 
Metz baut in seine Krippen seit über 30 Jahren wiederkehrende Motive ein. Der Vater, der mit seinem Sohn nach Betlehem geht, steht nicht nur einmal im Atelier. Er bestaunt in mehreren Weihnachtsszenen das Jesuskind. „Aber ich mache nicht in alle Ewigkeit gleiche Figuren. Jede gibt es höchstens fünf bis sechsmal“, schränkt er ein. Eine weitere Spezialität des Langenleiteners ist der detailgetreue Blick, mit dem er seine Vorlagen entwirft. Weil auf dem Kreuzberg Franziskaner leben, hat Metz zwei von ihnen in Figuren umgesetzt. Habit mit spitz zulaufender Kapuze und der Gürtel mit den drei Knoten für die abgelegten Gelübde sind miniatur-originalgetreu. In der Gestalt des jungen Franziskaners sind die Züge von Bruder Johannes Matthias Tumpach zu erkennen, dem Vikar und stellvertretenden Guardian des Kreuzbergs.
 
Der echte Bruder Johannes Matthias erläutert, warum seine Klostergemeinschaft eine neue Krippe in Auftrag gegeben hat. „Die alte war eine Stupfel-Krippe, die aus mindestens drei verschiedenen zusammengestellt war. Da hat nichts zum andern gepasst.“ Sowohl angekleidete als auch reine Holzpuppen seien dabei gewesen. Dass er selbst nun in Gestalt des jungen Franziskaners verewigt ist, macht ihn sichtlich stolz. Mehrere Jahre habe er sich Vorlagen von Künstlern angeschaut, bevor die Entscheidung für Metz gefallen sei. „Der war der Beste, was rhönerische Krippen angeht. Und so eine sollte es schon sein“, erzählt der Ordensmann. Das Geld für die Krippe spendierte ein Bekannter, der „aus der Gegend kommt, aber nicht genannt werden will.“
 
Die Einbindung der ländlichen, schlichten Bevölkerung ist dem Holzbildhauer wichtig. „Leute, denen man jeden Tag auf der Straße begegnet, die schau ich mir genau an, und halte sie in Holz fest“, erklärt der Holzkünstler. Bestes Beispiel ist die Großmutter seiner Frau. „Die Oma ist als Motiv ein Volltreffer gewesen“, erzählt Metz stolz. Wer die Figur der Rhönbäuerin in Hand halte, könne sie förmlich vor sich sehen: wie sie auf der Straße „ratscht“, die Hände gefaltet, die Wangen eingefallen, weil das Gebiss fehlt. „So stand sie oft da.“ Dass die Frau eine einfache und sanfte Art hatte, muss Metz nicht eigens erklären.
 
Schlicht ist auch die Bemalung der Gestalten. Das übernimmt immer Ehefrau Anna. Mit Tempera-Farben und feinen Pinselstrichen vervollkommnet sie die geschnitzten Figuren. Eine gehörige Portion Feingefühl gehört dazu, um den feingliedrigen Gesichtern und Details der hölzernen Figuren den letzten Schliff mitzugeben. Besondere Akzente setzt die Helferin des Bildhauers mit Blattgold und Weißgold. Doch nur den „ganz edlen“ Werken, wie den Königen und dem Engel, der das Gloria verkündet, wird dies zuteil.
 
Den Schlusspunkt jeder seiner Arbeiten setzt Günter Metz in Form seiner Signatur. „Das ist das letzte, was ich an jeder Figur mache.“ In jedem seiner Stücke verewigt sich der Meister. Ein schlichtes „GM“ ritzt er mit einem feinen Schnitzmesser unauffällig auf Unterseite oder in ein Beiwerk, wie ein Buch oder den Henkelkorb. Dann stellt er die Figur zu den bereits fertigen ins Atelier. Ein bisschen wehmütig trennt er sich von jeder einzelnen. „Die Kreuzberg-Krippe bau’ ich am Tag vor Weihnachten selber oben auf. Da geh’ ich kein Risiko ein“, erläutert der Künstler. 16 Krippenfiguren mit 23 Tieren vom nachgebildeten Rhönschaf bis zum Jagdhund wechseln dann den Besitzer. Original-Hund Anka jedoch bleibt bei Familie Metz in Langenleiten.
 
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