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Ein Team für schwere Momente

WÜRZBURG. Von heute auf morgen steht ein leerer Stuhl im Klassenzimmer. Ein Mitschüler ist verstorben – und keiner weiß so recht, wie er damit umgehen soll. Wenn in den ganz normalen Schulalltag eine Todesnachricht platzt, wenn eine Lehrkraft, ein Schüler oder auch ein naher Angehöriger stirbt, sind viele unsicher und hilflos.

Wie reagieren Lehrer am besten? Wie verfährt man mit betroffenen Schülern oder Klassen? Soll man die Hinterbliebenen ansprechen? Und wenn ja, wie? Für solche und ähnliche Fragen gibt es das Team Krisenseelsorge, bestehend aus den Referenten für Schulpastoral, Helga Kiesel und Ulrich Geißler, Pastoralreferent Reinhold Grimm und zwölf Religionslehrerinnen und -lehrern, die sich durch eine intensive Fortbildung auf Bayernebene für einen Einsatz an betroffenen Schulen qualifiziert haben. Dieses Team bietet aber auch selbst Qualifizierungsmaßnahmen an: Bereits zum vierten Mal haben Lehrer aus der gesamte Diözese einen dreitägigen Lehrgang absolviert, der sie befähigen soll, mit Todesfällen an ihrer Schule angemessen umzugehen. „Neben Schulpsychologen und Sozialarbeitern sind es meist die Religionslehrerinnen und -lehrer, die dieses Angebot wahrnehmen“, erklärt Ulrich Geißler.

Die eigene Situation zu reflektieren, ist wichtig

Dass es nicht einfach ist, mit den Themen Tod und Trauer umzugehen, erleben die Teilnehmer dabei hautnah, denn am Anfang des Kurses steht die biographische Annäherung. „Man kann nur helfen, wenn man seine eigene Situation reflektiert hat“, erläutert Kiesel. Denn sonst kann eine unbewältigte persönliche Vergangenheit die beratende Tätigkeit stören. „Wer schon einmal darüber nachgedacht hat, was einem in der eigenen Trauerbewältigung geholfen hat, der hat das Rüstzeug, um anderen zu helfen.“ Helga Kiesel betreut auch das Krisen-Handy des Referats Schulpastoral rund um die Uhr. So kann das Team zügig reagieren, wenn ein Notfall eintritt. Allgemeingültige Regeln gibt es nicht für den Umgang mit einem Trauerfall an der Schule. Die Fortbildung der Diözese gibt den Teilnehmern nur mögliche Instrumente in die Hand, die je nach Situation sensibel und behutsam zum Einsatz kommen können. In jedem Fall aber ist Kommunikation wichtig: Nur wenn jeder Lehrer informiert wurde, dass ein Elternteil eines Schülers gestorben ist, kann er auch Rücksicht auf den Betroffenen nehmen. Vom Tod einer Lehrkraft, eines Schülers oder eines Angehörigen des technischen Personals sollten die Schüler frühzeitig erfahren, um der Gerüchteküche zuvorzukommen. Geeigneter als eine Lautsprecherdurchsage ist dabei eine persönliche Mitteilung, auch in nicht unmittelbar betroffenen Klassen.

Wichtig dabei sei es – so erfahren die Teilnhemer des Seminars – Gefühle zuzulassen, Angebote zu machen, über das Ereignis zu sprechen, und Fragen ehrlich zu beantworten. Sinnvoll sei in jedem Fall, eine klare und einfache Sprache zu wählen, um mit Kindern über den Tod zu reden. Manchmal kommen auch Fragen, mit denen ein Erwachsener nicht rechnen würde, wie: „Wie tief ist denn das Loch für das Grab?“ Manchmal muss man aber auch ehrlich sein und zugeben, dass man keine Antwort weiß, etwa auf die Frage „Und wo ist sie jetzt?“ „Aber man kann von der Hoffnung erzählen, die man hat“, sagt Helga Kiesel. Von der Hoffnung, dass die Menschen nach dem Tod bei Gott wohnten und dort geborgen seien. Dass der Himmel ein schöner Ort sei, wo man mit Gott in liebevoller Verbindung stehe und vielleicht diejenigen wieder sehe, die man auf Erden geliebt habe. „Man kann mit Kindern toll philosophieren und sich ausmalen, wie es im Himmel wohl ist“, erzählt Helga Kiesel. Einer unmittelbar betroffenen Klasse kann auch ein geeignetes Trauerritual helfen. Denkbar ist zum Beispiel ein Gedenktisch an zentraler Stelle mit einer Kerze, einem Foto und einem Kondolenzbuch, in das sich jeder eintragen kann und das später den Angehörigen übergeben wird. Auch auf dem leeren Platz im Klassenzimmer kann eine Kerze oder ein Foto stehen.

Rücksichtnahme auf die Hinterbliebenen

All das sind keine spezifisch christlichen Rituale – schließlich solle sich jeder Schüler und Lehrer beteiligen können, auch der, der nicht dem Christentum angehöre, sagt Ulrich Geißler. Wenn es um geeignete Trauerrituale geht, sollte auch auf die Wünsche der Hinterbliebenen Rücksicht genommen werden. Angebote wie ein Gedenkgottesdienst haben deshalb auch nur den Charakter einer Einladung und eines Angebots.


Das gilt im Übrigen für alle Möglichkeiten der Trauerbewältigung. Nicht jeder will zum Beispiel aktiv etwas tun, Briefe schreiben oder Bilder malen. Darauf sollte Rücksicht genommen werden. Hilfreich ist es dann, wenn neben Gesprächen auch ein „Raum der Stille“ angeboten wird. Und auch eine Verweigerung sollte akzeptiert werden, raten Helga Kiesel und Ulrich Geißler. Manch ein Hinterbliebener wolle eben auch nicht ständig auf den Trauerfall angesprochen werden und sei bemüht, in die Normalität zurückzufinden.

Wieder Normalität einkehren zu lassen sei ebenfalls keine leichte Aufgabe für Trauerbegleiter. Spätestens, wenn von Schülerseite der Satz „Können wir jetzt wieder Unterricht machen?“ komme, ist es aber an der Zeit dazu. Normalität, der geregelte Tagesablauf nämlich, könne durchaus auch ein Stück Sicherheit geben. Möglich sei dann eine Art Abschlussritual: Die geschriebenen Briefe könnten in einen Trauerkarton gepackt und den Angehörigen gebracht werden. Helga Kiesel schlägt alternativ vor, die Briefe in einem Feuerritual in Flammen aufgehen zu lassen. Und der leere Stuhl im Klassenzimmer? Nach etwa ein bis zwei Wochen sollte die Sitzordnung sinnvoll umgestellt werden. Das Gedenken und die Trauer würden sicher länger bleiben.
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Das Referat Schulpastoral bietet neben Fortbildungen auch Hilfe beim Aufstellen eines Krisenplans für den Trauerfall sowie direkte Unterstützung einer betroffenen Schule an. Kontakt: Telefon: 0931/386-63611,
Krisen-Handy: 0151/20069510, Internet: „www.schulpastoral.bistum-wuerzburg.de“, E-Mail: „schulpastoral@bistum-wuerzburg.de“.

Veröffentlicht: 02.12.2008

Ines Laber