Die Stadt München, im Rahmen des IT-Projekts LiMux selbst seit Ende 2009 mit Ihren ca. 15.000 PC-Arbeitsplätzen komplett "in der Hand von OpenOffice.org", zeigte in ihrer Rolle als Mitveranstalterin des Kongresses OpenOffice.org Kongress für Wirtschaft und Verwaltung deutlich Flagge.
Referenten der Stadt sowie anderer Behörden und Unternehmen bestärkten die Kongressteilnehmer in ihrer Entscheidung, bereits aktuell oder aber in naher Zukunft im Bereich der Office-Software kommerziellen Anbietern und somit vor allem propriäteren Lösungen den Rücken zu kehren. Statt dessen sei ein deutlicher Trend in Politik, Öffentlichkeit und Wirtschaft fest zu stellen, künftig auf die inzwischen sehr ausgereiften Produkte der OpenSource-Welt umzusteigen, die auf offenen, zertifizierten und somit zukunftsweisenden Standards wie beispielsweise dem Dateiformat OpenDocumentFormat (odf) aufsetzen.
Eines dieser Produkte ist, neben anderen, die in unserem Bistum seit einigen Jahren eingesetzte Office-Suite OpenOffice.org.
The Document Foundation
Nach der Übernahme von Sun Microsystems (Stichwort "StarOffice") durch den Branchenriesen Oracle scheint die Community rund um das Projekt OpenOffice.org um die für OpenSource-Software so wichtige Unabhängigkeit zu fürchten. Viele der weltweit Projektverantworlichen, darunter auch die Mitglieder des Vereins "OpenOffice.org Deutschland e.V. (ooodev)", Veranstalter des Kongresses, haben daher beschlossen, ihre Idee einer OpenSource Office-Suite unter dem Dach einer zu diesem Zweck gegründeten, unabhängigen Stiftung fort zu führen: der "The Document Foundation".
Viele namhafte Unternehmen (wie z. B. Novell, RedHat, Google und andere) unterstützen diese Initiative von erster Stunde an, wie man auf dem Webauftritt der Stiftung erfahren kann ("Our supporters").
Auch Oracle, das seit der Übernahme von Sun die Marken- und Namesrechte an OpenOffice.org hält, wurde eingeladen, sich in diesem neu gesteckten Rahmen weiterhin in das Projekt einzubringen. Eine klare Positionierung von Oracle blieb bislang aus.
LibreOffice
Da Stiftung, Verein und Community ohne Zustimmung von Oracle nicht über den Markennamen "OpenOffice.org" verfügen können, wird die Softwaresuite in der Variante dieser Gruppierungen derzeit (und künftig?) unter dem Namen LibreOffice weiter entwickelt und vermarktet. Der Verein stellte im Rahmen des Kongresses die Beta-Version LibreOffice 3.3 vor, die vollständig auf dem bisherigen OpenOffice.org, Version 3.2.1 aufsetzt und dieses fortentwickelt. Auch der Verein wird konsequenter Weise in Kürze seinen Namen ändern, um Interessenten und Anwender nicht komplett zu verwirren.
Oracle selbst machte in einem eigenen Kongressbeitrag die Zusage, seinerseits das Produkt OpenOffice.org unverändert als freie OpenSource-Software weiter zu führen - allerdings neben den auf dieser Grundlage entwickelten kommerziellen Produkte wie OracleOpenOffice (ehemals StarOffice, Sun) und der Web-Office-Suite OracleCloudOffice.
Fakt ist jedoch, dass führende Köpfe des bisherigen openOffice.org-Projektes dort nicht mehr zu finden sind, sondern ihre Aktivitäten im Umfeld der Document Foundation und LibreOffice weiterführen. Ein Blick auf den Bereich "Ansprechpartner" der bestehende Website de.openoffice.org spricht Bände: 10 von 14 Positionen sind unbesetzt - die Namen, die hier vor Kurzem noch standen, finden sich nun bei documentfoundation.org und libreoffice.org wieder.
Was bringt die Zukunft?
Klarheit konnte auch der Kongress hier nicht vermitteln, es bleibt wohl abzuwarten, in welche Richtung sich Oracle in den kommenden Wochen und Monaten bewegen wird. Die Community rund um die beliebte OpenSource Office-Suite, ob sie nun OpenOffice.org (OOo) oder LibreOffice (LibO) heißt, hat sich jedenfalls klar positioniert und auch mit der Durchführung dieses Kongresses deutlich gemacht, mit ungebrochenem Engagement an der Idee eines "OpenOffice" sowie konkret am Produkt LibreOffice weiter zu arbeiten.
Was tun?
Für den Anwender gibt es sowieso momentan keinerlei Not, agieren zu müssen. Dank der quelloffenen Software muss er sich nämlich nicht entscheiden, künftig das eine oder das andere Produkt zu lizensieren und im ungünstigsten Fall getätigte Investitionen abschreiben zu müssen. OpenOffice.org und LibreOffice (so wie übrigens noch eine Hand voll weiterer sogenannter "Forks") entstammen dem gleichen Quellcode, implementieren identische, offene Standards, benutzen dasselbe offene, standardisierte Dateiformat und werden somit auch kompatibel zueinander bleiben.
Es ist mit Sicherheit klug, momentan bei einer der aktuellen Versionen von OpenOffice.org (letzte "gemeinsame" Version ist die 3.2.1) zu bleiben bzw. auf diese Version zu gehen, und sich die Entwicklungen der nächsten Zeit in aller Ruhe aus der Ferne zu betrachten. Um die künftige Lesbarkeit unserer Daten, die in .odt, .ods, .odp & co. vorliegen, brauchen wir uns jedenfalls nicht zu sorgen; durch die Entscheidung für ein offenes, standardisiertes Dateiformat sind wir beim Zugriff auf unser niedergeschriebenes Gedankengut nämlich nicht auf ein spezielles Produkt und einen einzelnen, monopolistischen Anbieter angewiesen.
OpenSource und offenen Standards sei Dank!
LibreOffice - "dasselbe in grün"!